Irma Markulin

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Film Stills

Die Bilderserie „Film Stills“ ist vor allem ein persönliches Statement meiner Liebe zur Filmgeschichte und den diversen Frauenrollen die mich inspiriert haben. Während meines Auslandsstudiums in Prag habe ich mich entschieden die Pflichtvorlesungen in Kunstgeschichte auszulassen. Stattdessen besuchte ich täglich die dortige Film Akademie FAMU, um die Filme im Filmarchiv zu sehen. Regisseure wie Godard, Antonioni, Fassbinder, Wong Kar-Wai etc. haben meine damaligen Foto-Serien sowie den Umgang mit dem „Bild“auf der ästhetischen und inhaltlichen Ebene sehr beeinflusst.

Die Protagonistinnen dieser Regisseure waren Frauen die zwischen gesellschaftlichen Zwängen und Konventionen standen aber sich dennoch sehr reflektiert ihrer Lage bewusst waren. Gespalten zwischen Pflichten und eigenem Willen - stark und dennoch eher tragische Figuren anstatt Heldinnen. Alle diese Frauenrollen zeigen die Verpflichtung und den Unwillen sich an den moralischen Kodex und an die Erwartungen des Umfeldes anzupassen.

Die Filme, deren Motive ich in meiner Serie aufgenommen habe, zeigen verschlüsselte Biographien der Künstlerinnen wie z.B. im Film Malina / Ingeborg Bachmann oder in Fassbinders Sehnsucht der Veronika Voss / Marlene Dietrich…etc. Diese Frauenrollen sind gleichsam aus der Literatur entstanden wie Effi Briest von Fontane,verfilmt von Fassbinder. Insofern möchte ich die Bilderserie nicht nur auf die Nouvelle Vague begrenzen. Sie untersucht vielmehr den Charakter der „Frauenrolle“ insgesamt wie in Melancholie / Lars von Trier oder The Virgin Suicides / Lost in Translation / Sophia Coppola.

Filmausschnitte sind gefolgt von doppeldeutigen Zitaten die in eine interpretierte, aus dem Kontext gerissene Szene zeigen. „We won`tbe like them” oder“you can call yourself a wilde thing or a freshspirit” sind sarkastische Anmerkungen welche auch die Eitelkeit der Kunstwelt im Auge haben.

Kunsthistorisch waren für mich Pop-art Künstler wie Roy Lichtenstein (Comics + Text + Film) oder Mimmo Rottella (mit seinem Umgang mit Papier, Kinoplakaten und Filmdiven) inspirierend. Cindy Sherman ist mit ihren Fotoserien„Untitled“ eine weitere wichtige Vorlage.

Meine Bilderserie ist aber auch die Fortsetzung der älteren Portraits, der Heldinnen (über die 40er Jahre), der Fabrikantinnen (80er) - nicht nur die Wahrnehmung der Frau auf der Kinoleinwand spielt bei mir eine Rolle,sondern die Untersuchung ihrer Rolle im soziopolitischen Umfeld. Im Entstehungsprozess ist das Material (footage) von Bedeutung. Der Film wird in Einzel aufnahmen festgehalten, was wiederum in Fotocollage-Installationen umgewandelt wird, die danach als Fotografie festgehalten und als Vorlage für die Gemälde dient - ein komplexer Vorgang.

Die Serie Film-Stills lebt von graphischer Plastizität und wiedererkennbaren Ausschnitten der Frauenportraits / Schauspielerinnen in großem Format / auf großer Leinwand. Sie sind im Gegensatz zu anderen meiner Gemälde vorlagen nicht zerknüllt, sondern in viele einzelne Motive zerlegt,um das gesamte Bild aus neuer Perspektive zu zeigen. Wie die Darstellerinnen zeigt die Art der Papierverwendung ihre innere Zerrissenheit. Das Papier wird so zu einer Fototapete oder einem Filmplakat welches abzublättern droht. Die Farbpalette ist so gewählt, dass die digitalen Drücke/Farbkopien, sichtbar werden. Die Motive sind mit einem „Foto“ Filter abgefärbt, sodass jedes Portrait und jede Szene ein bestimmtes Setting bzw. eine spezifische Lichtverfärbung erhält.

Text: Irma Markulin, 2020

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