Irma Markulin

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Malzyklus Tableau vivant

Einen Malzyklus Tableau vivant zu nennen, mag auf den ersten Blick erstaunlich wirken, beschreibt dieser aus dem französischen stammende Terminus doch das genaue Gegenteil: die Übersetzung von Malerei oder Skulptur in ein von Menschen Nachgestelltes, lebendes Bild. Irma Markulin bezieht sich in ihren Tableau vivant hauptsächlich auf die von der ursprünglichen Mode der Tableau vivant auf den modernen Tanz übertragenen Elemente, wie sie insbesondere von

Tanz Theorien des Francois Delsarte, orientierten rhythmischen Gymnastik des Emile Jacques-Dalcroze und die Tanz Lehre Rudolf von Laban angestoßen wurden. Sie benützt hierfür zeitgenössische Photographien aus den 20er Jahren, die Tänzer in ihrer Bewegung festhalten, insbesondere im Sprung, wie in der Luft stehend. Diese Aufnahmen, die wie ein Tableau vivant wirken transformiert sie zurück in das Medium der Malerei und schließt so in gewisser Weise den Kreislauf von „lebendem Bild“ über die Möglichkeit des Festhaltens eines Moments der Tanzbewegung in der Photographie zurück zu deren ursprünglicher Herkunft aus der Malerei.

Insbesondere fasziniert sie die Nähe der körperlichen Nachahmung von Gruppenbildern in Gestalt einer gefrorenen Pose vor der Kamera zur bildhauerischen Darstellung. Dabei liegt der Fokus auf Gruppenaufnahmen, bei denen die einzelnen Darsteller trotz ihrer Uniformierung ihre eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Zugleich ist dieser Zyklus eine Hommage an das Medium der Fotografie, durch welches das einfrieren einer Bewegung mitten in ihrem Ablauf überhaupt erst ermöglicht wird.

Als Träger der Malerei wird hier ganz bewusst Aluminium gewählt. Nicht nur suggeriert die spiegelfähige Oberfläche dieses Materials die Schwerelosigkeit der Bewegung und potenziert diese, die glänzend metallische Oberfläche verweist auch direkt und indirekt auf die Fotografie zurück. Die Bewegung wiederum, in der Malerei wie in der Fotografie ja im Moment eingefroren, wird in der verwandten Maltechnik wieder aufgegriffen, indem der gesamte Malprozess einer schablonenartigen Farbe – Pinsel – Auftragung unterworfen ist, bei der Schattierungen derselben Farbe Strich für Strich gegeneinander gesetzt werden.

Die Inszenierung dieser in der Zeit eingefrorenen Gruppenbewegungen stellen die Frage nach der Identität des Individuums, nach seiner Freiheit und deren Gefährdung. Es ist dabei nicht zu übersehen, dass diese zuerst im Theater verwandten Methoden der Gruppenbewegung und Darstellung später als Inspirationsquelle für inszenierte Fotografien der absolutären politischen Regime des 20. Jahrhunderts dienten.

I.M.

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Arbeitsprozess nr. 1, 2011, Studio am Petersburger Platz

Arbeitsprozess nr. 2, 2011, Studio am Petersburger Platz

Arbeitsprozess nr. 3, 2011, Studio am Petersburger Platz

Arbeitsprozess nr. 4, 2011, Studio am Petersburger Platz