Irma Markulin

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Heimatspuren in Belgrad

Die Künstlerinnen Dušica Cajlan-Wissel, Irma Markulin und Georg Wissel haben sich alle mit dem Thema Vergangenheit und Narrationen aus der eigenen Familien und ihrer Umgebung auseinander gesetzt. Sie suchen aber auch die Verbindung der Bilder und Erinnerungen der alten Heimat mit dem Leben in ihrem neuen Zuhause. Die neue Heimat bringt auch ein andrerer Blick auf die Welt und eine neue gesellschaftliche und soziale Umgebung. Aber die Sitten und Gewohnheiten der Heimat sind noch tief verankert, deswegen kombinieren die Künstlerinnen ihre Erinnerungenin einer Art gemeinsamen Klang von Musik und Raum-Installation.

Nicht nur in Bosnien, sondern überall auf der Welt und auch auf den unterschiedlichsten Ebenen erleben Menschen das Phänomen einer gestohlenen Vergangenheit. Im Gegensatz zur Situation aber eben auch in Bosnien heutzutage, wo Bücher, Dokumente,Adressen, Städte und Denkmäler dem System angepasst, instrumentalisiert oder vernichtet wurden und werden, erobern sich Irma Markulin, Dušica Cajlan-Wissel und Georg Wissel die Bilder und altbürgerlichen Lieder ihrer Heimat zurück, indem sie sie über alle Grenzen hinweg entwickeln, verändern, verfremden und in eine neue künstlerische und kulturelle Vielschichtigkeit bringen.

Irma Markulin wirft als visuelle Künstlerin einen analytischen Blick auf die Geschichte ihres Landes. Sie nutzt für ihre großformatigen Arbeiten z.T auch ihr privates Fotomaterial aus Familienalben. Das ausgewählte Material ist stark von den Erinnerungen an Kindheit und Heimat geprägt. Hiermit baut die Künstlerin einen Raum der Vergangenheit, die gleichzeitig durch bestimmte politische Geschehnisse geprägt wurde. Durch die Datumsanzeige auf den Bildern kann der Betrachter die öffentlichen/kollektiven Erfahrungen mit seinen privaten persönlichen Erinnerungen an bestimmte Jahre verknüpfen. So ist z.B. eine Postkarte mit dem Portrait einer Türkin in Banja Luka, gedruckt in der Zeit der österreichischen Monarchie (1900), mit der Photographien aus dem Bürgerkrieg 1993 zusammengesetzt. Gleichzeitig wird ihr Material zum öffentlichen Archiv, wo Identität und Herkunftsland klar zu lesen ist.

Dieses Photo-Material dient bei Irma Markulin als Vorlage, die vergrößert abgeduckt wird. Durch extreme Vergrößerung entstehen optisch die Pixel, die nachträglich aus den Photo-Vorlagen ausgeschnitten werden. Die Motive der Zerstörungen (Brücke in Mostar) werden in die Pixel-Zerstörung des Bildes (Prozess des Schneidens) symbolisch übertragen. Mit dem Prozess des Schneidens setzt sich Irma körperlich und zeitlich mit politisch geprägten Motiven und Erlebnissen aus ihrer Heimat und ihrer persönlichen Familiengeschichte auseinander. Im Prozess des Schneidens entstehen die leeren Stellen, die an Häkelarbeiten aus Bosnien erinnern. Beides, Zerstörung und Neubeginn wohnen diesem Prozess inne.

Auf eine andere Art und Weise, aber verbunden über die gemeinsame Quelle der Vergangenheit verbindet die Künstlerin D. Cajlan-Wissel die alten bürgerlichen Lieder ihrer Heimat mit neuen improvisatorischen Variationen. Die Themen dieser Lieder über Liebe und Leben rufen ein melancholisches Melos des Alltags in Bosniens hervor und reflektieren ein kulturelles und spezifisches ethnisches Umfeld des Landes. Die Sitten, die Gewohnheiten, sogar das Verhalten der Menschen wird in diesen Melodien besungen. Die traditionelle Musik der Städte in Bosnien, Kroatien und Serbien, entstammen einer Kultur, die bis zum Beginn des Jahrhunderts überlebt hat.

In Sinne einer "arte povera " hat sich die Pianistin Cajlan-Wissel dazu entscheiden in diesem Projekt auf ihr gewohntes Instrument zu verzichten und stattdessen auf einer Melodika und auf einem ruinierten, respektive klanglich entsprechend präpariertem Klavier zu spielen. Ein ruiniertes (bzw.präpariertes) Klavier gibt -und fordert!- einen neuen Umgang mit der Melodie und selbst sein Erscheinungsbild wird zu einem intergralen, visuellen Teil der Konzerts. Die Gemeinsamkeiten in Cajlan - Wissels und Markulins Arbeitsweise liegen in den Prozessen von Zerstörung und Neuaufbau ihres Materials.

Saxophonist Georg Wissel ist ein versierter und international aktiver Improvisator, der mit seiner Spielweise aus Ton und Geräusch sehr eigene musikalische Texturen schafft und damit einen Teil zu den neuen Gewändern beisteuert. Als Duo BACKFROM versuchen Dušica Cajlan-Wissel und Georg Wissel den Klang der alten Zeiten aufzugreifen und, indem sie sie in neue Gewänder kleiden, mit unserer Gegenwart zu verbinden. Auschnitt aus dem Tex von D.Cajlan-Wissel, G. Wissel und I. Markulin

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Installationsansicht vorderseite in Galerie 12 HUB in Belgrad, photo S.Vild

Installationsansicht nach der Performance von D.Cajlan-Wissel und G. Wissel, photo S.Vild

Installationsansicht, hinterseite in Galerie 12 HUB in Belgrad, photo S.Vild